Nanotechnologie: Definitionen und Abgrenzungen
5 Statements von Prof. Dr. Roland Wiesendanger,
Leiter des Kompetenzzentrums HanseNanoTec:
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1. Nanotechnologie ist etwas Neues
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Nanotechnologie basiert auf den neuesten Entwicklungen und
Forschungsergebnissen in den Feldern:
- Visualisierung, Analyse und Manipulation von Strukturen auf einer
Größenskala von wenigen Nanometern bis zum einzelnen Atom,
- kontrollierte Synthese neuer funktioneller Materialien,
- Herstellung von wenigen Nanometer großen oder niederdimensionalen
Systemen, deren physikalischen Eigenschaften von der Quantenphysik bestimmt
werden.
Insbesondere die Entwicklung der Rastertunnelmikroskopie und der verwandten
Rastersensormethoden haben zu neuen Einsichten in der Erforschung von
Materialien und Materialeigenschaften geführt, und zwar auf einer
Größenskala von wenigen Nanometern bis aufs einzelne Atom genau.
Die bei dieser Mikroskopie verwendeten Energien liegen deutlich unter den
molekularen Bindungsenergien, weshalb sie eine zerstörungsfreie Erforschung
diverser Probensysteme erlauben.
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Auch die Entdeckung neuer nanoskaliger Materialien, wie Fullerene,
Kohlenstoffnanoröhrchen und Nanoröhrchen aus anderem Material sowie die
kontrollierte Synthese von Nanopartikeln genau definierter Form und Größe
haben enorme Aktivitäten in Forschung und Entwicklung ausgelöst.
Durch das bessere Verständnis der Physik und der Materialeigenschaften
auf Nanometer- und Subnanometergrößenskalen sind jüngste Erfolge der
Forschung, wie der Ein-Elektronen-Transistor oder der Quantenpunkt-Laser,
erst möglich geworden.
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2. Nanotechnologie ist sauber
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Die oben aufgeführten Nanotechnologie-Forschungsfelder erfordern alle
saubere und vollständig kontrollierbare Prozesse, welche üblicherweise im
Ultrahochvakuum oder in ultra-sauberen flüssigen Lösungen durchgeführt werden.
Eine Massenproduktion von nanoskaligen Partikeln, bei der Größe und Form
der Teilchen nicht kontrolliert werden können, ist schon seit Jahrzehnten
(in manchen Fällen seit Jahrhunderten) möglich und hat nichts mit
Nanotechnologie zu tun. Nanopartikel einer undefinierten Größe und Form
werden von den meisten industriellen Produktionsprozessen erzeugt, die mit
Rauch, Abgasen und Abwässern einhergehen.
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Produktionsverfahren aus der Nanotechnologie ermöglichen eine genaue Kontrolle
des Produktionsprozesses und des daraus entstehenden Produktes - bis aufs Atom oder
Molekül genau.
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3. Nanotechnologie ist die Grundlage wissenschaftlichen Fortschritts
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Nanotechnologie wurde durch wissenschaftliche Durchbrüche ermöglicht, wie
die Erfindung des Rastertunnelmikroskops und der damit verwandten
Rastersensormethoden sowie auch die Entdeckung neuer Materialien, wie
Fullerene und Kohlenstoffnanoröhrchen.
Die damit entstandene Möglichkeit, Materie hinab bis zur molekularen und
atomaren Skala abzubilden, zu analysieren und zu manipulieren, hat eine ganz
neue Basis für die modernen Naturwissenschaften hervorgebracht und ermöglicht
ein tieferes Verständnis von physikalischen, chemischen und biologischen
Prozessen.
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Auf dieser Grundlage können Strukturen erzeugt werden, die die besonderen
(quantenphysikalischen) Eigenschaften nanoskaliger Systeme nutzen,
Eigenschaften, die sich grundsätzlich von denen makroskopischer Systeme
unterscheiden.
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4. Nanotechnolgie ist eine Schlüsseltechnologie für die Industrie
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Der Fortschritt in allen Zweigen der modernen Technologie, einschließlich
der Information- und Kommunikationstechnologie und der Biotechnologie, basiert
auf dem Umgang mit großen Datenmengen. Die atemberaubende Entwicklung in der
Miniaturisierung der halbleitergestützten Elektronik sowie der magnetischen
Datenspeicherung hat sowohl bei den Strukturen heutiger elektronischer
Schaltkreise als auch bei den magnetischen Bits zu Strukturgrößen deutlich
kleiner als 100 Nanometern geführt.
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Die aktuelle Entwicklung auf diesen Technologiefeldern profitiert in hohem
Maße von den Produktions- und Analysemethoden, die durch die weltweiten
Forschungsaktivitäten in den Nanowissenschaften und der Nanotechnologie
hervorgebracht wurden. Der weitere Fortschritt wird nur durch solche Konzepte
möglich sein, die diese "Mainstream"-Entwicklung mit neuen nanoskaligen
funktionellen Einheiten kombinieren, die sich quantenmechanische Eigenschaften,
Ein-Elektronen-Effekte oder die Manipulation einzelner Elektronenspins zu
nutze machen.
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5. Nanotechnologie öffnet neue Anwendungsfelder und neue Märkte
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Rückblickend haben immer technologische Entwicklungen zu Nachfrage nach
neuen Produkten in der Gesellschaft und zu neuen Märkten geführt, nicht
umgekehrt. Autos, Computer, Handys usw. sind nicht als Antwort auf den Bedarf
einer großen Bevölkerungsgruppe entwickelt worden. Sie kamen auf den Markt,
dank eines verbesserten Verständnisses physikalischer Prinzipien und der
Weiterentwicklung technischer Fähigkeiten durch Wissenschaftler und Ingenieure.
Bei der Einschätzung des Marktpotentials zukünftiger Technologien ist es daher
kein zielführender Ansatz, von der aktuellen Nachfrage auszugehen.
Nanotechnologie wird zu einer Vielzahl neuer Produkte und Anwendungen führen,
welche heute noch nicht einmal vorstellbar sind. Es werden neue Bedürfnisse
und neue Märkte entstehen, wie in allen vorangegangenen "Technologie-Zeitaltern".
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Der Versuch, die Nanotechnologieforschung auf einen heute zu überschauenden
Absatzmarkt zu beschränken, würde weiteren wissenschaftlichen Fortschritt
stark behindern. Wissenschaftliche Durchbrüche resultieren in der Regel aus der
Vision einzelner Personen oder kleiner Gruppen und nicht aus einem
"Mainstream-Denken".
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