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Gaede-Preis 2006 für Hamburger Physiker

08. 12. 2005

Juniorprofessor Dr. Stefan Heinze vom Institut für Angewandte Physik der Universität Hamburg erhält den Gaede-Preis 2006. Die Deutsche Vakuum-Gesellschaft (DVG) würdigt damit seine Arbeiten zur Theorie der Raster-tunnelmikroskopie an Übergangsmetallober-flächen mit speziellem Fokus auf Anwen-dungen der spinpolarisierten Rastertunnel-mikroskopie mit der komplexe magnetische Strukturen auf atomarer Skala abgebildet werden können.

Der Magnetismus ist eines der ältesten bekannten physikalischen Phänomene und gleichzeitig ein hochaktuelles Thema auf dem Gebiet der Festkörperforschung. Heute ist im Detail bekannt, warum Materialien magnetisch sind oder wie Magnetismus und Elektrizität zusammen hängen. In der Technik werden Magnetfelder in allen Größenordnungen genutzt – vom Magnetfeld der Erde zur Navigation mit einem Kompass über die Magnetfelder, die den Transrapid mit 400 Stundenkilometern berührungslos über seine Schienen rasen lassen, bis zu winzigen magnetischen Strukturen, in die auf Computerfest-platten digitale Daten gespeichert werden. Die magnetische Datenspeichertechnik ist daher auch die treibende Kraft, immer noch kleinere Magnete zu erforschen, denn wenn es möglich wäre, digitale Informationen Bit für Bit als magnetische Information in benachbarte Einzelatome zu schreiben, könnte die gesamte Literatur der Menschheit auf der Größe einer Briefmarke gespeichert werden. Aber soweit ist es noch nicht und zuvor sind noch grundlegende Fragen zu klären: Was bedeutet Magnetismus für das einzelne Atom auf einer Oberfläche? Wie viele Atome sind nötig, dass man von einem stabilen Magneten sprechen kann?

Ein wichtiges Arbeitsgebiet von Herrn Dr. Heinze ist die Theorie der Rastertunnelmikroskopie (RTM) und –spektroskopie an Übergangsmetalloberflächen. Sein Schwerpunkt lag dabei auf der Erarbeitung eines theoretischen Modells für die Anwendung des in Hamburg entwickelten Spinpolarisierten Rastertunnelmikroskops (SP-RTM) auf ultradünne magnetische Schichten. Mit dem SP-RTM ist es bereits heute möglich, die magnetischen Eigenschaften einzelner Atome zu bestimmen. Das „Standardmodell“ der Rastertunnelmikroskopie von Tersoff und Hamann wurde von Herrn Dr. Heinze erweitert und eine Gleichung für den spinabhängigen Tunnelstrom im SP-RTM-Experiment abgeleitet.

Spannende Ergebnisse der Arbeiten von Herrn Dr. Heinze waren einerseits die Vorhersage der ersten direkten Abbildung von zwei-dimensionalen antiferromagnetischen Strukturen auf der atomaren Skala mit Hilfe der SP-RTM, andererseits die theoretische Erklärung des antiferromagnetischen Grundzustands einer Atomlage Eisen auf einer Wolframoberfläche, welcher erst kürzlich mit Hilfe der SP-RTM zweifelsfrei experimentell nachgewiesen werden konnte. Ein weiteres bedeutsames Resultat der Forschungsarbeiten von Herrn Dr. Heinze war die theoretische Erklärung von magnetisch bedingten Kontrasten in der Rastertunnelmikros-kopie auch unter Verwendung nicht-spinsensitiver Tunnelspitzen: Durch ab-initio Elektronen- strukturberechnungen konnte gezeigt werden, dass die Spin-Bahn-Kopplung auch im Fall von Metalloberflächen kleine Veränderungen in der elektronischen Struktur zur Folge hat, welche erstmals mittels RTM unter Verwendung von unmagnetischen Wolframspitzen nachgewiesen wurden.

Ein besonderer Aspekt der erfolgreichen Forschung von Herrn Dr. Heinze ist die enge Zusammenarbeit von theoretischen und experimentellen Arbeitsgruppen an einem Institut. Durch viele anregende Diskussionen und dem häufigen Austausch von Ideen zwischen Theorie und Experiment konnte das Forschungsgebiet des Magnetismus auf der Nanometerskala entscheidend vorangetrieben werden.

Herr Dr. Heinze wurde 1971 geboren und studierte Physik an der Universität Hamburg, wo er 1997 bei Prof. Wiesendanger im Rahmen einer Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Prof. Blügel (Forschungszentrum Jülich) diplomierte. Während seiner Dissertation forschte er teils an der Universität Hamburg und teils am Forschungszentrum Jülich. Nach Abschluss seiner Promotion führte Herr Dr. Heinze zunächst seine Forschungsarbeiten am Institut für Angewandte Physik der Universität Hamburg weiter, bevor er 2001 einen zweijährigen Postdoc-Aufenthalt am IBM Thomas J. Watson Research Center in Yorktown Heights (USA) in der Forschungsgruppe von Phaedon Avouris verbrachte. Während dieser Zeit arbeitete er im Rahmen eines Emmy-Noether-Stipendiums der Deutschen Forschungsgemeinschaft an der Theorie des elektronischen Transports in Kohlenstoff-Nanoröhren. Im Jahr 2003 folgte Herr Dr. Heinze dann einem Ruf der Universität Hamburg auf eine Juniorprofessor für „Mikroskopische Aspekte der Spinelektronik“. Gleichzeitig übernahm Herr Dr. Heinze die Leitung der ersten Nachwuchsgruppe am neu gegründeten „Interdisziplinären Nanowissenschafts-Centrum Hamburg“ (INCH), welches sich gegenwärtig im Aufbau befindet.

Der Gaede-Preis ist mit 7.000 € dotiert und wird seit 1986 jährlich von der Deutschen Vakuum-Gesellschaft an jüngere Wissenschaftler für herausragende Arbeiten auf den Gebieten Vakuum- und Oberflächenphysik, Dünne Schichten und Nanotechnologie vergeben. Die Preisverleihung findet auf der Frühjahrstagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft im März 2006 in Dresden statt.

Nähere Informationen:
Homepage Forschungsgruppe Juniorprofessor Dr. Heinze

  
  Universität Hamburg RIS++ Hamburg Bundesministerium für Bildung und Forschung Beiersdorf