Digitale Daten durchdringen inzwischen fast alle Bereiche unseres
alltäglichen Lebens. Schon jetzt liegen die meisten Urlaubsbilder "nur noch"
in digitaler Form auf Speicherkarten und Festplatten. Viele Zeitschriften und
Bücher erscheinen zunehmend als digitale Ausgaben und der Erfolg von
Festplatten-Multimedia-Playern, wie z. B. Apple's iPod, zeigen deutlich,
dass auch Musik und Film in Zukunft verstärkt digitale Wege gehen werden.
Dadurch steigen die Anforderungen an die Speicherdichte und Speicherkapazität
unaufhaltsam.
Die Hamburger Physikerin Elena Vedmedenko forscht seit fünf Jahren
intensiv an zentralen Fragestellungen des Nanomagnetismus und hat dabei eine
Reihe herausragender Ergebnisse erzielt. Ihre Untersuchungen spielen eine
Schlüsselrolle für die Entwicklung von neuartigen magnetischen Datenspeichern
mit ultrahoher Speicherdichte - der Festplatte von übermorgen.
Da die magnetischen Eigenschaften von der mikroskopischen Spinstruktur
bestimmt werden, hat sich Elena Vedmedenko insbesondere der Frage zugewandt,
wie die atomare Gitterstruktur, die Form, die Größe und die Temperatur
nanoskaliger Objekte deren Spinstruktur beeinflussen. Sie entwickelte dazu
ein Monte-Carlo-Simulationsprogramm, das die Konkurrenz zwischen
langreichweitigen (magnetostatischen) und kurzreichweitigen (magnetischer
Austausch) Wechselwirkungen, die Existenz von Anisotropien elastischer,
struktureller und magnetischer Natur sowie die Wechselwirkungen mit den
äußeren Feldern in sehr allgemeiner Form behandelt und sich auf ganz
unterschiedliche Systeme (dipolgekoppelte Schichten, ultradünne ferro- bzw.
antiferromagnetische Strukturen, Systeme mit multipolaren WechseIwirkungen,
Quasikristalle u. a.) anwenden lässt.
Durch eine Kombination analytischer und numerischer Rechnungen mit
Simulationen gelang es Frau Vedmedenko, mehrere fundamentale Erkenntnisse
in verschiedenen Bereichen des Nanomagnetismus zu erzielen. Dazu gehört
insbesondere die Entdeckung, dass die Orientierung der Domänenwände in
magnetischen Nanostrukturen nicht, wie noch bis vor wenigen Jahren angenommen,
mit der Form und Kristallanisotropie zusammenhängt, sondern von der
Austauschenergie und der Gitterstruktur bestimmt wird. Ihre Rechnungen zur
dickenabhängigen Orientierung der Magnetisierung in Co-Filmen auf
Au(lll)-Substraten stimmten erstaunlich gut mit einem kurz zuvor durchgeführten
Exeriment überein und führten letztendlich zu einem mikroskopischen Verständnis
dieses Spinreorientierungsüberganges. Weitere wichtige Arbeiten behandeln die
nichtkollineare magnetische Ordnung in Quasikristallen sowie den Einfluss
multipolarer Wechselwirkungen auf die magnetische Struktur von Nanoarrays.
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Elena Vedmedenko wurde 1962 in Samarkand, im heutigen Usbekistan, geboren.
Sie studierte an der Technischen Hochschule von Lugansk und am Institut für
Physik der Akademie der Wissenschaften in Kiev, Ukraine, wo sie 1993 über ein
Thema aus der Festkörperphysik promovierte. Nach drei Jahren als
Assistenzprofessorin an dieser Universität ging sie 1997/98 als Postdoc
zunächst an die Université Paris 7, 1998/99 folgte ein Postdoc-Aufenthalt
am Max-Planck-lnstitut für Mikrostrukturphysik in Halle (Saale).
Seit dem Jahr 2000 forscht Frau Vedmedenko am Institut für Angewandte Physik
sowie im Rahmen des neuen Interdisziplinären Nanowissenschafts-Centrums
Hamburg (INCH) der Universität Hamburg.
Der 2002 erstmals vergebene Hertha-Sponer-Preis wird von der Deutschen
Physikalischen Gesellschaft für hervorragende wissenschaftliche Arbeiten
auf dem Gebiet der Physik an eine Wissenschaftlerin verliehen. Der Preis
ist mit 3.000 Euro dotiert. Dieses Jahr findet die Preisverleihung auf der
Frühjahrstagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft am 6. März 2005
in Berlin statt.
Benannt ist der Preis nach einer der ersten Frauen, die in Deutschland
die Lehrerlaubnis erhielten: Hertha Sponer (1895-1968) erlangte trotz
widriger Umstände auf Umwegen das Abitur und konnte Physik studieren.
1920 promovierte sie nach nur sechs Semestern und habilitierte 1925 als
eine der ersten Frauen im Fach Physik. Nach Jahren harter Arbeit und dem
ständigen Kampf gegen viele Vorurteile wurde sie 1932 zur Professorin in
Göttingen ernannt. Doch als kurz darauf die Nationalsozialisten die Macht
ergriffen hatten, verlor sie ihre Stelle wieder. Daraufhin sah sie in
Deutschland für sich keine Zukunft mehr und ging über Norwegen schließlich
in die USA, wo sie von 1936 an 30 Jahre als Professorin an der Duke
University in Durham, North Carolina, tätig war. Ihre wissenschaftlichen
Verdienste liegen in der Erforschung der Atom- und Molekülphysik.
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Dr. Elena Vedmedenko
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