Dr. Markus Morgenstern (37), Nanophysiker an der Universität Hamburg,
erhält mit dem "Walter-Schottky-Preis" den angesehensten deutschen Preis für
Festkörperphysik. Seine Forschungsarbeiten sind eine wichtige Grundlage für
die Elektronik von morgen.
Die Fortentwicklung der Elektronik hat drei Zielrichtungen: Miniaturisierung,
schnellere elektronische Schaltungen und die Entwicklung neuer Konzepte, wie
Spintronik oder Magnetoelektronik. Für diese Entwicklung wird es immer wichtiger,
physikalische Phänomene, wie das Verhalten von Elektronen in Metallen und
Halbleitern, möglichst bis aufs einzelne Atom genau zu verstehen.
In der herkömmlichen Elektronik bewegen sich Elektronen durch elektrische
Leitungen, wie ein Bienenschwarm auf seinem Weg vom Bienenstock zur
Blumenwiese. Werden den Elektronen jedoch einzelne Raumdimensionen entzogen,
dann bekommen Elektronensysteme neue Eigenschaften. Markus Morgenstern
erforscht mit dem Rastertunnelmikroskop das Verhalten von zweidimensionalen,
eindimensionalen und auch nulldimensionalen Elektronensystemen bis auf
einzelne Atome genau. "Das Rastertunnelmikroskop ist ein Fenster in die Welt
der Atome und Elektronen", erklärt Morgenstern. "Mit keinem anderen Gerät
lassen sich Elektronen so direkt beobachten, und das mit einer Ortsauflösung,
die genauer ist, als der Bruchteil eines Atomdurchmessers."
In einem zweidimensionalen Elektronensystem können sich Elektronen nur
auf einer Fläche bewegen, sie entwickeln aufgrund dieser Beschränkung ganz
neue Fähigkeiten. Um im Bild zu bleiben, entspricht das einem Bienenschwarm,
der nur durch die schmale Ritze zwischen zwei Hauswänden zu seiner Blumenwiese
gelangt. Die Bienen können nicht mehr links oder rechts aneinander
vorbeifliegen, machen aber auch weniger Umwege und kommen daher schneller zum
Ziel. Auch Elektronen bewegen sich schneller in flächenhaften
Elektronensystemen, was bei der Entwicklung von sogenannten
"High-Mobility-Transistoren" ausgenutzt wird. Zweidimensionale
Elektronensysteme kommen auch in Infrarot-Detektoren von Weltraumteleskopen
zum Einsatz. In Magnetfeldern führen diese flächenhaften Systeme zum
sogenannten "Quanten-Hall-Effekt" (Nobelpreis 1985, Klaus von Klitzing),
mit dessen Hilfe sich einfach und genau eine Naturkonstante bestimmen lässt.
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Wird den Elektronen eine weitere Raumdimension entzogen, dann können sie
sich nur noch entlang einer Linie bewegen, analog unserem Bienenschwarm in
einem Strohhalm. Solche Elektronensysteme gibt es zum Beispiel in den
Kohlenstoffnanoröhrchen, die in der Zukunft zu einem der wichtigsten
Bestandteile einer molekularen Elektronik werden können. Solch eine
Nanoelektronik in der Größenordnung einzelner Moleküle wird zur Zeit
intensiv erforscht. Sie ist die äußerste Grenze, die in der Miniaturisierung
von Elektronik vorstellbar ist.
Ein nulldimensionales Elektronensystem ist ein punktförmiges System,
ähnlich einem einzelnen Atom. Für unsere Bienen hieße das, dass sie ihren
Bienenkorb gar nicht mehr verlassen können. Für die Bienen wäre das fatal,
Elektronen in punktförmigen Elektronensystemen finden aber durchaus Anwendung.
Solche Systeme, auch Quantenpunkte genannt, werden zum Beispiel zur
Herstellung von Leuchtdioden oder Lasern eingesetzt.
"Für all diese Elektronensysteme gibt es inzwischen mehr oder weniger
bewährte Theorien," sagt Morgenstern. "Wir können diese Theorien mit dem
Rastertunnelmikroskop experimentell überprüfen, und zwar aufs Atom genau."
Der Walter-Schottky-Preis der Deutschen Physikalischen Gesellschaft
prämiert hervorragende Forschungsarbeiten zur Festkörperphysik. Seit 1973
wird der Preis jährlich verliehen. Der mit 15 000 € dotierte Preis wird von
der Siemens AG und Infineon Technologies unterstützt und ist der bedeutendste
deutsche Preis zur Festkörperphysik.
Walter Schottky (23. Juli 1886 bis 4. März 1976) ist ein Pionier der
Elektronik. Er war Professor für theoretische Physik, gab aber vor allem
auch der Experimentalphysik wichtige Impulse. Schon in den Anfangsjahren
der Elektronik trug Schottky entscheidend zur Entwicklung der Röhrentechnik
bei. Aber auch der folgenden Halbleiterelektronik drückte er seinen Stempel
auf, was sich in den einschlägigen Lehrbüchern in Begriffen wie
"Schottky-Diode", "Schottky-Fehlstellen" oder "Schottky-Barriere"
widerspiegelt.
Weitere Informationen und Bilder zur Pressemitteilung finden Sie im
Internet unter http://www.nanoscience.de/group_r/stm-sts/ .
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Dr. Markus Morgenstern
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